MCM Urgestein Tobias Schulte hat es tatsächlich geschafft – Marathon 100! In Hannover hat sich für ihn jetzt der Kreis geschlossen: Marathon Laufen (und auch länger) – 100 mal an der Start- und Ziellinie eines Marathons – 25 Jahre Hannover von 1998 und 2023. Hier sein ganz persönlicher Bericht.
Tobias Schulte – Marathon 100 – Bericht
„Nun ist es geschafft, auch den 100. Marathon konnte ich finishen. Das war ein herrlicher Abschluss. Eine tolle Organisation und klasse Stimmung mit vielen Zuschauern auch aufgrund des überraschend guten Wetters. Optimale Bedingungen bei 10 Grad und gelegentlich einigen Sonnenstrahlen die sich zeigten.
In den letzten Monaten habe ich wirklich nicht viel trainiert. So war klar war, dass ich den berühmten „Mann mit dem Hammer“ ein letztes Mal erleben durfte. Die Frage war nur ab wann? Mit meinem Bruder lief ich mit einem gemütlichen Schnitt von 5:40m/km los. Bei KM25 hörte ich plötzlich durch die Lautsprecher meinen Namen. Der Moderator erklärte, dass es heute mein 100. Marathon sei und gratulierte ganz herzlich. Eine schöne und motivierende Geste!
Bis KM 28 hielten wir gut durch, dann wurde es schwerer und schwerer. Für mich war das aber vollkommen in Ordnung. Um die Zeit ging es bei diesem Lauf nicht mehr. Sich nochmal etwas zu quälen erinnerte mich an meine Marathonanfänge, wo ich auch einige Male Lehrgeld zahlen musste. Manchmal schlichtweg aufgrund fehlenden Trainings, manchmal aber auch selbstverschuldet, weil ich am Vortag die Vorbereitung nicht ernst genug genommen hatte. Beim Marathon in Budapest stand ich schon mit Muskelkater am Start, weil Anja und ich natürlich am Vortag die gesamte Stadt in Form einer 20km Wanderung besichtigen mussten. Zum Marathon nach Rom und Tallinn bin ich mit 3 Freunden geflogen, wir wohnten damals in einer WG. Sie waren damit einverstanden, einen Marathon in das WG-Wochenende zu integrieren. Allerdings nur unter der Bedingung, dass ich Samstagabend trotzdem bis zum Ende mitfeiern würde. So stand ich dann in Rom nach 2 Stunden Schlaf an der Startlinie. Statt isotonischer Getränke gab es am Vorabend viel zu viel Rotwein. Ich glaube so schlecht wie am nächsten Tag beim Marathon in Rom bei KM30 am Trevi-Brunnen ging es mir bei einem Marathon noch nie.
Wichtig war nie aufzugeben! Das musste ich glücklicherweise nie! Ganz so schlimm sollte es in Hannover natürlich nicht werden. Wir hatten ausreichend Schlaf, am Vortag genug getrunken und bei der Pasta Party nochmal viele Kohlenhydrate zu uns genommen. Irgendwie wird man ja doch erwachsener. In Hannover musste ich zwischen Kilometer 34 und 38 nochmal richtig kämpfen. Der Mann mit dem Hammer war nun da. Als erfahrener Läufer weiß man, dass er auch wieder verschwindet, wenn es auf den 40. Kilometer zugeht. Letztlich ist ein Marathon dann doch viel Kopfsache. Bei Kilometer 40 stand plötzlich ein Bierstand. 2 junge Kerle hatten ihren Spaß dabei richtiges Bier (Plakate zeigten klar und deutlich, dass es sich um richtiges und kein alkoholfreies Bier handelte) auszuschenken. Zu meinem Bruder sagte ich „Wenn nicht heute beim 100. wann denn dann?“ Und so gönnten wir uns ein gemütliches Bier.
Und dann merkte ich, dass mich meine emotionale Seite doch noch einholte. Sollten nun wirklich meine letzten beiden von 4.219 Marathonkilometer folgen? Viele Marathonerinnerungen gingen mir nochmal wie ein Film durch den Kopf. Der 41. Marathonkilometer auf der Copacabana mit Blick auf den Zuckerhut in Rio de Janeiro, der letzte Kilometer im Olympiastadion von Seoul, wo sich 1988 Carl Lewis und Ben Johnson duellierten, der Zieleinlauf im Paavo Nurmi Stadion in Helsinki oder im Olympiastadion von Stockholm, die gemeinsame Reise mit dem MCM zum Berlin-Marathon etc. Und natürlich dachte ich dann auch an meinen ersten Marathonlauf für den MCM in Amsterdam 01.11.1998. Josef und Horst Kaderhandt haben mich damals herzlich im Verein aufgenommen und mich für den Langstreckenlauf begeistert. Ich bin ihnen sehr dankbar
Viel Zeit zum Nachdenken blieb nicht mehr, plötzlich sah ich die Ziellinie und einige Sekunden später erhielt ich meine letzte Marathonmedaille nach einer Laufzeit von 4h27min. Verrückt, das war es nun! Glücklich und erleichtert, es geschafft zu haben. Glücklich aber auch, und das mag mir vielleicht kaum jemand glauben, nun nicht mehr an den Marathonstart zu gehen. Im Nachhinein eine unfassbar schöne, lange und ereignisreiche Marathon-Reise! Sie kann nicht noch schöner werden!“